März 2018: Danke Alex Jürgen*

2006 saßen wir gebannt im Kino: das erste Mal sahen Hunderttausende von Menschen in Österreich, was es bedeutet inter* zu sein, und zwar wurde nicht über jemanden berichtet, sondern mit jemandem – wir sahen Alex Jürgen*.

Alex hat in „Tintenfischalarm“ von Elisabeth Scharang eines gemacht, was sich bis dahin in der Form niemand getraut hatte hierzulande: öffentlich über die eigene Intergeschlechtlichkeit zu reden. Und über alles, was damit zu tun hat – Geheimnisse, Verletzungen, Isolation… und den Platz, den man in der Gesellschaft nicht bekommt, wenn der eigene Körper sich nicht entwickelt, wie er „sollte“.

Alex, du hast das Tabu gebrochen. Du hast deine persönliche Geschichte erzählt – und auch erstmals anschaulich gemacht, dass wir existieren, dass wir glücklich, selbstbestimmt und unversehrt aufwachsen können müssen. Dass dies ermöglicht und jegliche Menschenrechtsverletzungen gestoppt werden müssen. Der Inter*Aktivismus in Österreich war mit deinem Mut geboren!

Seitdem hast du viel Aufklärung betrieben, stets mit viel Humor und schonungsloser Direktheit – in zahlreichen Buchbeiträgen, künstlerischen und wissenschaftlichen Arbeiten, Vorträgen, Radiosendungen, Zeitungsartikel, TV-Beiträgen, Publikumsgesprächen, auf deiner Homepage und Social Media-Kanälen und anderen öffentlichen Auftritten. Auch die wertvolle Arbeit im Hintergrund muss erwähnt werden: du warst die erste und lange einzige offen lebende inter* Person, die für andere Ansprechperson wurde, du hast die erste Selbsthilfestruktur aufgebaut, die wichtigste Unterstützung, um miteinander in Kontakt zu kommen und mit Menschen sprechen zu können, die genau wissen, wie es ist…

Ohne dich gäbe es auch nicht VIMÖ, den Verein, den du 2014 mitbegründet hast und der in Österreich mittlerweile nicht mehr weg zu denken ist.

Seit 2015 erweiterst du sogar noch die ersten Male: dein juristischer Kampf um einen alternativen Geschlechtseintrag bzw. die Streichung dessen in deinen Dokumenten wird in die Geschichte eingehen! Ein positiver Ausgang würde dir endlich Anerkennung geben und so vielen anderen ermöglichen, was bisher nicht möglich war. Wir wünschen dir ganz viel Glück dabei und blicken gespannt die Entscheidung, die bald gefällt werden soll.

Nun, 2018, nach über 12 Jahren Öffentlichkeit und Engagement wird es Zeit für dich, dich zurück zu nehmen, dich auf dein Leben abseits von VIMÖ und Aktivismus zu konzentrieren, deinen eigenen Weg weiter zu gehen.

Wir sind dir unendlich dankbar für alles, was du bereits geschafft hast, für uns alle und für dich. Du hast uns vorgemacht, wie es auch gehen kann, in einer Welt, in der wir schweigend damit leben sollen, was uns angetan wurde und wird. Deine Sichtbarkeit ist für immer Wunde und Balsam zugleich.

Hiermit möchten wir dich – ganz im Sinne der ersten Male – zum ersten Ehrenmitglied bei VIMÖ ernennen, um unsere Dankbarkeit und den gemeinsamen Weg bis hierher zu zeigen!

Alles Gute, Herm Alex Jürgen*!

Anmerkung:
Da Alex Jürgen* somit kein aktives Mitglied mehr sein wird, bitten wir darum, Anfragen, die persönlich für Alex Jürgen* sind, direkt an herm zu richten:

www.alexjuergen.at (Kontaktformular auf der Homepage)