Jänner 2021: UN-UPR

UN-Staaten fordern Wahrung von LGBTIQ Menschenrechten, Österreich nimmt Empfehlung zu IGM-Verbot an

Aktuelle LGBTIQ-Empfehlungen in UPR: unnötige Behandlungen an intergeschlechtlichen Menschen beenden, Geschlechtseinträge für alle öffnen und Antidiskriminierungsrecht harmonisieren.

Wien, Linz, Salzburg (OTS) – Am 22. Jänner wurde Österreich im Rahmen der UN Universal Periodic Review einer Prüfung der Menschenrechtssituation unterzogen. Am 26. Jänner gab es erste Reaktionen Österreichs auf die ausgesprochenen Empfehlungen (siehe unten).

Angenommen wurden die Empfehlungen von Argentinien, Island, Malta und Uruguay zum Beenden nicht-konsensueller & medizinisch nicht notwendiger Behandlungen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen. Analog zu „FGM“ (female genital mutilation) wird hier auch von IGM (intersex genital mutilation) gesprochen. Diese Praxis, deren Zweck es ist, Geschlechtsmerkmale an eine binäre Norm anzugleichen, wird in Österreich trotz langjähriger Problematisierung bisher weiter durchgeführt. Die Annahme dieser Empfehlungen ist ein klares Versprechen – wobei die Umsetzung gut durchdacht und in Kooperation mit menschenrechtsbasierten Selbstvertreter*innen/ Selbstvertretungsorganisationen abgestimmt sein muss.

„Dass nicht-konsensuelle und nicht-notwendige medizinische Behandlungen nun verboten werden sollen, ist sehr erfreulich – allerdings werden wir sehr genau hinsehen müssen, was hier tatsächlich umgesetzt wird!“ so Tobias Humer von VIMÖ.

Auch Gabriele Rothuber von der Plattform Intersex / HOSI Salzburg zeigt sich erfreut: „Wir freuen uns, dass es in Österreich in Zukunft nicht mehr die Entscheidung der Medizin oder Eltern sein darf, nicht konsensuelle und rein kosmetische, medizinisch nicht notwendige Genitalveränderungen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen durchzuführen. Seinen Körper zu verändern darf ausschließlich der betroffene Mensch selbst entscheiden!“

Abgelehnt wurde die Empfehlung, einen selbstbestimmten, barrierefreien Zugang zu alternativen Geschlechtseinträgen für alle Menschen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität zu schaffen. Österreich positioniert sich hier klar in Richtung weiterer Pathologisierung von Intergeschlechtlichkeit und gegen die Öffnung von alternativen Geschlechtseinträgen für nicht-intergeschlechtliche Menschen.

„Die Ablehnung einer Öffnung der alternativen Geschlechtseinträge für alle Menschen zeigt leider, dass es noch an grundlegendem Verständnis mangelt – und der Weg zur rechtlichen Anerkennung von intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen gerade erst begonnen hat.“ stellt Luan Pertl von der Plattform Intersex/VIMÖ fest.

Ebenso abgelehnt wurde die bereits wiederholt empfohlene und dringend notwendige Harmonisierung und Ausweitung der nationalen und regionalen Antidiskriminierungsregelungen („Levelling Up“).

VIMÖ, HOSI Salzburg und die Plattform Intersex Österreich fordern die Regierung auf, die Menschenrechte von LGBTIQ Personen umfassend zu respektieren und entsprechend zu handeln!

 

Link zur Presseaussendung auf APA-OTS: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210128_OTS0017/un-staaten-fordern-wahrung-von-lgbtiq-menschenrechten-oesterreich-nimmt-empfehlung-zu-igm-verbot-an

Gesammelte UPR-Dokumenten zu Österreich: https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/UPR/Pages/ATindex.aspx (Der Bericht zur aktuellen Working Group Session ist noch im Entwurfstadium, wird in Kürze ebenfalls dort aufscheinen)

Video inkl. den Empfehlungen der einzelnen Staaten: http://webtv.un.org/search/austria-review-37th-session-of-universal-periodic-review/6225216250001/


Kurzinfo UPR:

Etwa alle fünf Jahre wird jeder UN-Mitgliedsstaat einer Prüfung der Menschenrechtssituation unterzogen – für Österreich ist dies seit Einführung des Universal Periodic Review Mechanismus 2006 nun das dritte Mal. Im Rahmen der Sitzung am 22. Jännger wurden die bisherigen menschenrechtlichen Entwicklungen Österreichs von den teilnehmenden Staaten kommentiert und Empfehlungen ausgesprochen. Diese Empfehlungen betreffen diverse Themengebiete – und es wurden auch 11 Empfehlungen bezüglich LGBTIQ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex, Queer) ausgesprochen. 5 davon wurden angenommen, 6 abgelehnt.

Alle LGBTIQ-Empfehlungen im Wortlaut (Auszug aus dem Berichtsentwurf vom 26.1.2021):

6. The recommendations formulated during the interactive dialogue/listed below have been examined by Austria and enjoy the support of Austria:

6.128       Strengthen the legislative framework to expressly prohibit any practice that modifies a person’s sexual characteristics without well-founded medical reasons or without the full consent of that person (Uruguay);

6.129       Ensure free and timely access to appropriate health-care for all, including LGBTI+ persons, children and adolescents where the young person has sufficient maturity to provide informed consent (Iceland);

6.130       End harmful practices, including forced and coercive medical interventions, to ensure the bodily integrity of children with intersex variations (Iceland);

6.131       Prohibit any practice that modifies a person’s sex characteristics without irrefutable medical reasons and the full and informed consent of the person affected (Malta);

6.132       Ensure that the human rights of intersex persons are respected, by developing a medical care protocol ensuring their participation in decision-making on medical interventions that affect them (Argentina);

8. The recommendations formulated during the interactive dialogue/listed below have been examined by Austria and have been noted by Austria:

8.31        Continue to harmonise the national legislation against discrimination in order to ensure protection from all forms of discrimination, including on the basis of age, religion and belief, as well as sexual orientation and gender identity (Croatia);

8.32        Harmonize at all levels anti-discrimination legislation to protect all persons regardless of age, religion or belief, sexual orientation and gender identity (Denmark);

8.39        Ensure equal protection from all forms of discrimination, including by harmonizing and strengthening the scope of anti-discrimination laws in particular with respect to religion and belief and sexual orientation and gender identity (Netherlands);

8.42        Guarantee the recognition, protection and defense of minorities’ rights in the country, as well as adopt legislation against discrimination on the basis of religion, age, disability, sexual orientation and gender identity (Costa Rica);

8.43        Accept a comprehensive strategy to eliminate all kinds of discrimination on the basis of religion and belief, age, sexual orientation and gender identity (Democratic People’s Republic of Korea);

8.45        Work towards guaranteeing access to legal gender recognition for intersex, transgender and non-binary people to all six current existing options of gender markers, without any barriers, based on self-identification (Malta);