Frauenrechte am Prüfstand: CEDAW-Schattenbericht 2024
Der Klagsverband brachte am 4.12.2024 einen umfassenden NGO-Koalitionen-Bericht beim UN-Komitee zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau ein. 34 Expert*innen aus 31 NGOs, Universitäten und Institutionen haben am NGO-Koalitionen-Bericht mitgeschrieben – darunter auch VIMÖ!
Im Rahmen des zehnten Prüfzyklus zur UN-Frauenrechtskonvention von Österreich richten sich die Berichte mit relevanten Fragen an die Pre-Sessional Working Group für die Erstellung der List of Issues Prior to Reporting für die nächste Staatenprüfung. D.h. die kommende Bundesregierung wird dadurch aufgefordert, dem Handlungsbedarf zum Schutz und für die Rechte aller Frauen aktiv zu begegnen und als Vertragsstaat entsprechend der Konvention umzusetzen.
Wir danken allen Beteiligten, insbesondere dem Klagsverband, für die wichtige Vernetzung und gute Kooperation!
Der gesamte Bericht kann hier auf Deutsch und auf Englisch heruntergeladen werden: https://www.klagsverband.at/archives/21623
Außerdem gibt es hier noch mehr Infos zur laufenden Kampagne und dazugehörigen Veranstaltungen des Klagsverbands zu #rechtehatsie: https://www.klagsverband.at/politik/rechtehatsie
Hier sind die Artikel des Schattenberichts, die VIMÖ (mit)formuliert hat:
Körperliche Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale
(zu CEDAW-Artikel 2 und 12)
Intergeschlechtliche Menschen bzw. Menschen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale (VdG) sind in Österreich groben Menschenrechtsverletzungen und geschlechtsbasierter Gewalt ausgesetzt. An Minderjährigen mit VdG werden nicht einvernehmliche, nicht lebensnotwendige, irreversible, kosmetische Genitaloperationen und andere schädliche medizinische Eingriffe durchgeführt, die bei nicht-intergeschlechtlichen Kindern verboten sind. Trotz der Empfehlung des UN-Ausschusses gegen Folter, diese Praktiken zu beenden, werden in Österreich jährlich rund 1.000 Eingriffe durchgeführt.
Fragen:
- Wann setzt Österreich ein gesetzliches Verbot von nicht lebensnotwendigen geschlechtsnormierenden medizinischen Eingriffen an Minderjährigen mit VdG um, vgl. CAT/C/AUT/CO/6, Absatz 45? Welche Maßnahmen setzt Österreich in der Zwischenzeit zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit von intergeschlechtlichen Menschen?
- Wie kommt Österreich der Empfehlung CEDAW/C/AUT/CO/9, Absatz 35h nach, ein menschenrechtsbasiertes Gesundheitsprotokoll für intergeschlechtliche Menschen zu erstellen?
- Wie gewährleistet Österreich für Eltern von Kindern mit VdG einen kostenfreien, niederschwelligen, mehrsprachigen Zugang zu psychosozialer Unterstützung sowie zu menschen-rechtsbasierter, medizinunabhängiger Peer-Beratung?
Geschlechtsidentität und Personenstandsrecht
(zu CEDAW-Artikel 1 und 2) – gemeinsam mit Elisabeth Holzleithner, Universität Wien; Venib – Verein Nicht-Binär; TransX – Verein für Transgender Personen
Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat 2018 festgehalten, dass intergeschlechtliche Personen mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale (VdG) gemäß Artikel 8 EMRK nur „jene Geschlechtszuschreibungen durch staatliche Regelung akzeptieren müssen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen“. Mit Erlass des Innenministeriums wird den Behörden, die über Personenstandseinträge entscheiden, jedoch einschränkend vorgeschrieben, dass es nur bestimmte neue Geschlechtseinträge gibt („inter“, „divers“, „offen“ und „Streichung / kein Eintrag“) und diese nur mit ärztlichem Gutachten über eine „körperliche Intergeschlechtlichkeit“ möglich sind. Aktuell laufen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, die diese Einschränkungen anfechten. Selbstvertretungsgruppen fordern ein Personenstandsrecht, das das VfGH-Erkenntnis umsetzt und einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag im Sinne der geschlechtlichen Autonomie ohne Gutachten und Pathologisierung ermöglicht.
Fragen
- Wie wird die Anerkennung der individuellen Geschlechtsidentität niederschwellig und flächendeckend auf allen Ebenen, inklusive Behörden, persönlicher Dokumente und des privat-wirtschaftlichen Geschäftsverkehrs, sichergestellt?
- Welche Maßnahmen werden zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und Unterstützung von trans, inter und nicht-binären Personen mit Migrationsbiografie ergriffen, inklusive Kooperationen mit Herkunftsländern im Zusammenhang mit Namensänderungen?
- Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, um LGBTIQ+-Personen, insbesondere inter, trans und nicht-binäre Menschen, vor Übergriffen und Hass zu schützen und wie sind diese budgetär ausgestaltet?