April 2016: VIMÖ wird VIMÖ!

Der „Verein Intersexueller Menschen Österreich“ wird zum „Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich“.

Wir haben uns entschieden den Verein umzubenennen, da wir der Meinung sind, dass der Begriff „intergeschlechtlich“ das körperliche und auch soziale Geschlecht in all seiner Vielfalt zwischen*abseits*außerhalb der Normkategorien „männlich/weiblich“ besser beschreibt.

In der englischen Sprache, wo körperliches Geschlecht mit „sex“ und soziales Geschlecht mit „gender“ benannt wird, ist „intersex“ ein sehr passendes Wort – in der deutschen Sprache wird der Begriff „sex/sexuell“ allerdings meist als „sexuelles Begehren und Erleben“ gedacht und mit sexueller Orientierung verknüpft. Somit erscheint uns „intergeschlechtlich“ klarer und unmissverständlicher in seiner Bedeutung.

Außerdem fühlen wir uns wohler mit einer selbstgewählten Bezeichnung, die im deutschsprachigen Menschrechtsdiskurs bereits etabliert ist – und die nicht aus der medizinischen Diagnostik kommt, wo geschlechtliche Vielfalt immer noch pathologisiert wird. Wir meinen mit „intergeschlechtlich“ auch Erscheinungsformen und Eigenschaften, die in der Medizin mitunter nicht als „Intersexualität/DSD“ definiert sind.

Zusammengefasst: VIMÖ ist und meint ALLE intergeschlechtlichen Menschen! Ahoi!

Passend dazu ist zur selben Zeit eine supertolle Broschüre von unseren Kolleg*innen von TransInterQueer erschienen, die wir euch an dieser Stelle wärmstens empfehlen – hier zum download als pdf:

Dezember 2015: UN-Kommittee gegen Folter (CAT) gibt eindeutige Empfehlungen an Österreich

Das Kommittee bezieht in seinen „Concluding Observations“ erstmals klar Position zu den Menschenrechtsverletzungen an intergeschlechtlichen Personen in Österreich und fordert auf, die Situation umfassend zu verbessern und Opfer angemessen zu entschädigen:

„Der Vertragsstaat sollte:


(a) die erforderlichen (…) Maßnahmen ergreifen, um die Achtung der körperlichen Integrität und die Autonomie intergeschlechtlicher Personen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass niemand im Säuglingsalter oder in der Kindheit, medizinisch oder chirurgisch nicht dringend notwendigen Maßnahmen unterzogen wird, die das Ziel verfolgen das Geschlecht des Kindes festzulegen;


(b) unparteiische Beratungsleistungen für alle intergeschlechtlichen Kinder und ihre Eltern garantieren, um sie über die Folgen von unnötigen und nicht dringenden Operationen und anderen medizinischen Behandlungen zur Festlegung des Geschlechts des Kindes sowie die Möglichkeit der Verschiebung einer Entscheidung über eine solche Behandlung oder Operation, bis die Betroffenen selbst bestimmen können, zu informieren;


(c) garantieren, dass die volle, freie und informierte Zustimmung im Zusammenhang mit medizinischen und chirurgischen Behandlungen bei intergeschlechtlichen Personen sichergestellt wird, und dass nicht dringende und irreversible medizinische Eingriffe verschoben werden, bis ein Kind reif genug ist, um an der Entscheidungsfindung teilzunehmen und eine wirksame Einwilligung zu erteilen;


(d) die Fälle von chirurgischen Eingriffen oder anderen medizinischen Maßnahmen untersuchen, die bei intergeschlechtlichen Menschen ohne wirksame Einwilligung durchgeführt wurden und sicherstellen, dass die betroffenen Personen angemessen entschädigt werden.“

Das Originalpapier der „Concluding Observations“ in englisch gibt es hier zum Download, obenstehend ist eine inoffizielle Übersetzung. Ein detaillierter Bericht über die Sitzung von zwischengeschlecht.org findet sich hier.

Oktober 2015: NGO-Bericht über die Situation von Intersex in Österreich an das UN-Kommittee gegen Folter (CAT)

Das Kommitee überwacht die Einhaltung der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen – das Übereinkommen über den Schutz aller Personen vor Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe – und wird sich im November Österreich widmen.

Der Sonderberichterstatter für Folter der Vereinten Nationen deklarierte 2013 u.a. „normalisierende“ Eingriffe an den Geschlechtsorganen, die ohne die freie und informierte Einwilligung der betroffenen Person durchgeführt werden, als Folter und ermahnte die Mitgliedsstaaten ihre rechtlichen Regelungen daraufhin zu überprüfen.

VIMÖ hat gemeinsam mit den Aktivist*innen von www.zwischengeschlecht.org einen unabhängigen Bericht über die Situation von Intersex in Österreich eingereicht und hofft auf klare Empfehlungen des Kommitees an die Regierung.

Zum Bericht: 2015-CAT-Austria-VIMOE-Zwischengeschlecht-Intersex-IGM

Mai 2015: Veröffentlichung eines Themenpapiers des Menschenrechtskommissars des Europarats zu Inter*

“Europeans remain largely unaware of the painful personal histories of intersex people and the human rights violations they face. Stereotypes and norms grounded on the binary female-male classification have led to unnecessary medical and surgical interventions on intersex infants and a climate of incomprehension in society. It is time to address this unacceptable situation“

said today Nils Muižnieks, Council of Europe Commissioner for Human Rights, while releasing a research paper on human rights and intersex people.

The six-chapter paper addresses the medical, legal and administrative obstacles which prevent intersex people, some of whom were called “hermaphrodites” in the past, from fully enjoying their human rights. “By publishing it, I intended to provide more detailed guidance to address this neglected human rights problem,” said the Commissioner.

The paper informs governments and practitioners about current ethical and human rights developments, including global best practices already taken to protect and empower intersex people, for example through reforms of equal treatment legislation. It also contains recommendations on ways to move forward in particular in the legal and medical fields.

“European countries have been slow in recognising and upholding the human rights of intersex people and the gender diversity they represent. It is urgent to end unnecessary medical treatment and surgery of intersex individuals without their consent; to respect their right not to undergo sex assignment treatment; to review medical classifications which treat variations in sex characteristics as a pathology; and to ensure intersex persons’ right to self-determination by facilitating their legal recognition in official documents.”

The Commissioner also recommends further measures which include giving intersex people full access to their medical records, raising public awareness and carrying out professional training about the problems encountered by intersex people, and improving counselling of intersex children and their parents.

more information:

http://www.coe.int/en/web/commissioner/-/europe-disregards-intersex-people-s-right-to-self-determination-and-physical-integrity

Mai 2015: Veröffentlichung eines Positionspapiers der EU-Grundrechteagentur zu den Rechten von Intersex Personen

Das Papier untersucht die rechtliche Situation von Intersex Personen aus einer menschenrechtlichen Perspektive: http://fra.europa.eu/en/publication/2015/fundamental-rights-situation-intersex-people